Woche 41/2024

Kilian Kemmer

Am Ende der Nacht (GLM / Edition Collage)

Eine verrauchte Bar, regnerisches Aprilwetter oder eine Szene aus einem französischen Schwarzweiß-Film. Das ist unprätentiöser Kammerjazz, auf das Wesentliche reduziert.
Das Trio um den Pianisten Kilian Kemmer erzählt in elf musikalischen Miniaturen von Menschen, verblassten Erinnerungen und Randnotizen des Alltäglichen.

Mit Thomas Stabenow am Bass, ehemals Professor für Bass in Mannheim und einer der gefragtesten Bassisten Europas, und dem mehrfach ausgezeichneten Julian Fau an den Drums, erkunden sie die eingängigen Themen, um von dort eine Reise ins poetische Ungewisse zu machen. Besonders intensive Klangbilder schaffen die Musiker mit ihrem Gast Matthieu Bordenave. Der Saxophonist zählt zu den „herausragenden Figuren des aktuellen europäischen Jazz“ (BR Klassik) und brilliert mit seinem Spiel bei den Kompositionen „Durch die Nacht“ und „Fabi 43“.

Inspiriert von Bach und Federico Mompou spielt dabei die Idee der Variation eine zentrale Rolle, erklärt Kilian Kemmer: „Wenn ich improvisiere, versuche ich erstmal ganz nah dranzubleiben, die Leitidee weiterzuentwickeln, um dann zu gucken, wo wir hingetragen werden … ich stelle mir das ein bisschen vor wie in den guten, seltenen Nächten, an denen man sich ohne große Absicht von Bar zu Bar treiben lässt, bis ans Ende der Nacht. Und dann sitzt man an der Isar und wartet, bis die Sonne aufgeht.“

Die Musik kommt so lässig und unscheinbar daher, dass sie nicht nur die eingefleischte Jazz-Gemeinde anspricht, sondern ein vielfältiges Publikum. Nicht selten bekommt Kemmer zu hören: „Ich mag ja eigentlich keinen Jazz, aber deine Musik höre ich unfassbar gerne! Sie ist so einfühlsam und entspannend.“

Eines der größten Komplimente für Kemmer, wenn seine Musik auch von Menschen gemocht wird, die nicht zu den hartgesottenen Jazzfans gehören. „Ich will niemanden beeindrucken – mir geht es eigentlich ganz banal um die Schönheit der Musik, und wenn es dann noch anderen gefällt, bin ich glücklich.“ Anspieltipps: „Anna“ und „Im Dezember“ (Cover (c) Kerkau Promotion)