Woche 47/2024

Roosmarijn

Wide Open Space (Backseat)

Es gibt so vieles zu hören auf diesem Album: einen knarzenden Kontrabass, betörende Streicherarrangements, Vogelgezwitscher und clubbige Synthesizer. Dazu eine Sängerin mit kompletter Kontrolle über ihre facettenreiche Stimme. Ob einfühlsam singend, abgeklärt sprechend oder sich ungehemmt in eine wall of sound bettend: Roosmarijn führt souverän durch „Wide Open Space“ (VÖ 15.11.2024), ihr erstes sehr persönliches Album

Ihr Debüt-Album bezeichnet die niederländische Musikerin Roosmarijn Tuenter als „Emotionale Reise durch verschiedene Perioden und Räume des Lebens“. Dass sich diese Räume dann gar nicht in „geschlossenen, begrenzten“ Räumen, sondern unter freiem Himmel in der Natur befinden, sollte unbedingt Erwähnung finden, denn offensichtlich ist die Natur ein essentieller Bestandteil von Roosmarijns Spiritualität.

So nimmt sie mit Songtiteln wie „Outside“, „Dear Deer“, „Where Bones Become Roots“ und „Wide Open Space“ immer wieder Bezug auf die natürliche Umgebung – sowohl klanglich (indem beispielsweise Vogelgezwitscher und andere Field-Recordings integraler Bestandteil des Produktionsprozesses waren) und natürlich in Hinsicht auf die esoterisch validen Lyrics – beispielsweise indem sie in dem Track „Mother“ die Natur als Mutter aller lebenden Dinge auslobt, deren Führung es sich anzuvertrauen gilt.

Roosmarijn machte schon 2019 mit ihrer EP „Inside Out“ (auf der sich das Natur-Thema bereits andeutete) deutlich, dass sie sich nicht als konventionelle Songwriterin betrachtete, sondern im Einklang mit ihrem Haupt-Instrument – der Viola – ihren Anspruch in einer Einheit aus Klang, Struktur und Inhalt sieht.

Bei ihren Live-Shows setzt sie beispielsweise ganz auf die Inspiration des Momentes und konstruiert ihre Song-Gebilde alleine mit dem Spiel der Viola, der Stimme und einer Loop-Station. Bei der Produktion eines Studio-Albums ist das Aufschichten der vielen Ebenen, aus denen sich Roosmarijns Kompositionen zusammensetzen, systembedingt natürlich etwas einfacher zu handhaben – auch wenn auch bei der Studioproduktion mit Sampler und Loopstation gearbeitet wird.

Klanglich hat sich Roosmarijn dabei schon lange von ihren folkigen Roots entfernt und erschafft auf ihrem Album mit Zutaten wie Bläsern, Akustik-Bass, Synthesizern aber auch geschichteten Streichersätzen, Gitarre, Percussion und Drums musikalische Szenerien, die weit über das Bild einer „singenden Geigerin“ hinausreichen und in der räumlichen Ausdehnung zuweilen regelrecht symphonische Dimensionen annehmen. Anspieltipps: „Mother“ und „Belonging“.