Woche 21/2022
Jakob Wundrack
With Me In Here (Traumton)
Jakob Wundrack gehört zu jenen Menschen, die freie Zeit künstlerisch nutzen. Der Sänger und Songschreiber aus Berlin hat während der Corona-Einschränkungen 2020 über weite Strecken im Alleingang sein Debütalbum aufgenommen. Zwar war es ursprünglich als Band-Produktion geplant, doch dann wollte Wundrack angesichts der ungewissen Lage nicht mehr länger warten und setzte primär auf die eigenen Talente. Diese sind ungewöhnlich umfassend. In jungen Jahren lernte er klassisches Klavier und sang im Dresdener Kreuzchor, dann kamen Gitarre und Bass und der Jazz dazu.
Außerdem beherrscht er als studierter Tonmeister sämtliche Finessen der Studiotechnik. Die vielseitige Begabung und pragmatische Flexibilität mag auf den ersten Blick typisch sein für Wundracks Generation. Eher atypisch scheint, dass der im August 1997 geborene Musiker ein komplettes Album kreiert hat. Mit übergreifender Dramaturgie und geschmackvollen bis prägnanten Popsongs, die mal atmosphärisch-tiefgründig, mal entspannt oder schwungvoll-funky klingen.
Kluge Arrangement-Details bringen Abwechslung, akustische Instrumente sowie variable E-Gitarren und Wundracks souveräne, warm timbrierte Stimme sorgen für Lebendigkeit. Der Albumtitel „With Me In Here“ steht einerseits für den Entstehungsprozess der Platte, andererseits charakterisiert er die Inhalte der Songs, die das Publikum in Wundracks Gefühls- und Gedankenwelt mitnehmen.
Gut die Hälfte der Stücke sind schon vor Corona entstanden, der größte Teil der Produktionsarbeit hat ab dem ersten Lockdown stattgefunden. „Wie so viele hatte auch ich plötzlich ein sehr anderes Leben und habe die Zeit dafür verwendet, die Songs auszuarbeiten und aufzunehmen.“
Vieles, aber bei weitem nicht alles hat Wundrack zuhause eingespielt. Philip Franciscos versierte Schlagzeug-Einsätze, das Streichquartett bei „Weak Smile“ und „Between The Years“, Aaron Seitz‘ Klavier und Yannik Tiemanns Kontrabass in „Lobby“ wurden in Studios aufgenommen.
Nachdenklichkeit zieht sich als roter Faden durch Jakob Wundracks anspielungsreiche, auf Englisch verfasste Texte. Mal reflektiert er über seinen eigenen Mikrokosmos, mal sinniert er über größere Zusammenhänge und lässt klare Haltung erkennen. Dazu hat er Musik geschrieben, die ihm gefällt. Ohne konzeptionellen Überbau, einen bestimmten stilistischen Rahmen oder gar strategischen Zuschnitt. Anspieltipps: „Weak Smile“ und „Lobby“. (Photo © Traumton)