Woche 11/2024

KW 11 – Orbit Kid

Orbit Kid Society (Berthold Records)

Liebe zum Detail, Raum für Improvisationen, keinerlei Genregrenzen. Das ist die musikalische Philosophie hinter „Orbit Kid Society“. Kreativer Kopf des Ensembles ist die Berliner Sängerin und Komponistin Sophie Lindmüller. Musikalische Vielfalt steht auf dem Album in jeder Hinsicht im Vordergrund. „Auf Orbit Kid Society sind viele Instrumente zu hören, aber nicht alle zur gleichen Zeit. Meine Idee war, Instrumente unterschiedlicher Genres zu nutzen und zu kombinieren, um jedem Song/jeder Komposition einen individuellen Klang zu verleihen“, erklärt die Komponistin.

Statt in musikalische Beliebigkeit abzugleiten, präsentiert Lindmüller mit ihren hochkarätigen Bandkolleginnen und -Kollegen ein dramaturgisch geschlossenes, in jeder Hinsicht fesselndes Album. In ihrem Klanguniversum treffen freischwebende, im Moment entstehende Klänge auf auskomponierte Linien, blechernen Grooves und elektronische Samples. „Auch wenn manche meiner Kompositionen keinen easy-listening-Charakter haben, möchte ich, dass sie für das Publikum verdaulich und zugänglich sind“, betont die Komponistin.

„Dark Matter“ ist eine ruhige, intime Komposition, die eine philosophische Frage aufwirft. „Warum empfinden wir Energien, die zwischen Menschen entstehen, derart unterschiedlich – die eine als gut, die andere als schlecht?“, fragt Sophie Lindmüller und ergänzt: „Selbst, wenn wir uns zu manchen Menschen hingezogen fühlen, wissen wir doch nie, wie sie sich verhalten werden oder was sie schon durchgemacht haben. Hier treffen wir – im wahrsten Sinne des Wortes – auf dunkle Materie.“ Den Gegensatz bildet sie auch musikalisch ab. Der warme Sound von Klavier, Gitarre, Gesang, Bass und Klarinette wird von unheilvollen Textzeilen („there‘s a heaven, there‘s a hell of you and me…“) konterkariert.

In „Scorched Earth“ beschäftigt sich Sophie Lindmüller mit dem Klimawandel, „allerdings auf selbstironische Weise“, wie sie sagt und ausführt: „Letztlich tragen wir ja alle auf die ein oder andere Weise dazu bei, was gerade mit der Erde passiert.“ Musikalisch steht hier die melodische, freischwebende Komposition im Gegensatz zum herzzerreißenden Text, in dem es um unter anderem um bedrohte Eisbären geht („swimming in the icy sea, holdings hands, hearing the white paws plea…“)

Wenn es darum geht, neue Wege einzuschlagen, spürt Sophia Lindmüller unterschiedliche Impulse in sich. „Ein Teil von mir möchte dann einfach zurück in die Teenager-Zeit, in der es darum ging, keine allzu komplizierte, zu abgehobene Musik zu schreiben, sondern einfach die Sängerin zu sein, die ich schon als 4-jähriges Kindergartenkind sein wollte.“ Andererseits ist ihr bewusst, dass sie niemand davon abhält, neue musikalische Abzweigungen zu nehmen. Und so bieten ihre musikalische Reife und ihr poetischer Erfindungsgeist beste Voraussetzungen für weitere, wegweisende Originalität.

Das Album „Orbit Kid Society“ (VÖ 15.03.2024) ist voller Liebe zum Detail, Raum für Improvisationen, ohne Genregrenzen – dramaturgisch geschlossen und in jeder Hinsicht fesselnd. Anspieltipps: „Dark Matter“ und Navigation“.