Woche 23/2023
Susanne Folk
Love Is Not A Weakness (Traumton)
Es ist ein Debüt-Album, aber keineswegs eine Premiere für die aus Braunschweig stammende in Berlin lebende Musikerin und Komponistin Susanne Folk. Die Deutsch-Amerikanerin ist seit Jahren in stilistisch unterschiedlichen Formationen wie Azolia, dem Susanne Folk Trio & Celina Muza, Call Me Cleo, bis 2012 auch So Weiss präsent, meist an Saxophon oder Klarinette. Bei Call Me Cleo nimmt sie die Rolle der Sängerin ein. Für ihre Produktionen erhielten die Bands viel positive Resonanz, Tourneen führten sie durch Nordamerika, China, afrikanische und europäische Länder. Mit dem am 2. Juni veröffentlichten „Love Is Not A Weakness“ präsentiert sich Susanne Folk nun erstmals als Singer/Songwriterin allein am Flügel.
Das Klavier ist ihr schon lange vertraut, sie hat es in Kindertagen erlernt und von jeher Stücke für die eigenen Gruppen und auch andere an ihm komponiert. Gleichzeitig merkt man ihren Songs an, dass Susanne Folk vom Saxophon kommt. Sie denkt vor allem in Melodien und etwas weniger in Harmonien und Akkorden. Lange kam es der studierten Jazzmusiker nicht in den Sinn, ein Solo-Album aufzunehmen, obwohl die Idee dazu schon eine Weile in ihrem Unterbewusstsein gereift war.
Irgendwann „schien es aber eine absolute Notwendigkeit für mich geworden zu sein, diesen neuen Weg einzuschlagen“, so die Musikerin „plötzlich hatte ich das Gefühl, dass da was raus muss und ich sonst platzen würde.“ Zwar schätzt sie weiterhin die Interaktion mit den Musiker/innen ihrer Bands, gleichzeitig freut sich Susanne Folk aber auch über ihre neu gewonnene Unabhängigkeit. „Es war natürlich ungewohnt, alleine mit mir selbst zu sein. Das direkte Feedback hat mir anfangs gefehlt. Aber dann gab es die ersten Solo-Auftritte, zunächst per Stream, dann vor Live-Publikum und auf sie folgte positive Resonanz aus allen Richtungen.!“
Musikalisch bewegt sich Susanne Folk auf dem Terrain des avancierten Pop, mit punktuellen Verweisen auf Inspirationsquellen wie Amy Lee (Evanescence), Tori Amos und Rufus Wainwright. In manchen Facetten lässt Folk ein Faible für Gothic-Ästhetik erkennen, nicht wenige Akkorde verweisen auf ihre Jazz-Erfahrungen. Eine gewisse Melancholie durchzieht viele Titel, befördert von eher dunkel gefärbten Gesangslinien und ausdrucksstarken Phrasierungen der Sängerin.
Zuweilen schwingt sie sich mit einiger Dramatik in die Höhe, dabei weiß sie das Maß an Pathos so präzise zu dosieren, dass es eindringlich wirkt. „Vermutlich vermitteln manche Stücke eine etwas traurige Stimmung, aber düster sind sie nicht, denn es gibt in ihnen meist Hoffnung“, findet Folk. Unter die Balladen und Stücke in mittleren Tempi mischen sich auch ein paar schnellere Songs. Etwa in „Your Next Life“ und „Pain“, mit rhythmischen Klavierfiguren und teils akzentuiert gesprochenen Vokalphrasierungen sowie rockig-souligem Gestus.
Die Mehrzahl der Stücke entstand in den letzten zwei bis drei Jahren, einige sind älter, alle beziehen sich auf Ereignisse aus der Vergangenheit. „Ich schreibe nicht im Moment des Geschehens, sondern erst, wenn ich die Situation verarbeitet habe. Die Komposition des Liedes bildet eine Art Abschluss für mich. Die in den Texten eingefangenen und beschriebenen Gefühle sind also echt, liegen aber schon eine gute Weile zurück und beim Singen interpretiere ich sie wieder neu.“
Manche Themen erweisen sich dabei als ungebrochen relevant. „Everybody Likes You“ kreise um Dinge, die sie zu Beginn ihrer Karriere gelernt habe, sagt Susanne Folk, nämlich welche Vermarktungsstrategien jungen Frauen im Musikgeschäft vorgeschlagen werden und wie sie lernen, Grenzen zu setzen, sich von den Vorgaben anderer zu befreien. Auch eine Kritik am Freundschaftswahn in den sogenannten sozialen Netzwerken lässt sich aus diesem Song herauslesen. In die gleiche Richtung zielt „Beauty Of The Night“: „es ist eine Ermutigung, die Stimme zu nutzen, um Stellung zu beziehen, eine eigene Meinung auszusprechen. Statt sich nur aufs Aussehen reduzieren zu lassen oder um jeden Preis erfolgreich sein zu wollen.“
Dank ihres amerikanischen Vaters weiß Susanne Folk poetisch mit der englischen Sprache umzugehen. „Es ist wichtig, dass die Emotionen verstanden werden, darüber hinaus möchte ich nicht alles bis ins Detail erklären, sondern den Hörer*innen noch Raum für Interpretationen lassen.“
Mit ihrem ersten Solo-Album setzt Susanne Folk ein markantes Zeichen. „Love Is Not A Weakness“ baut auf die Kraft einer charismatischen Stimme, begleitet von den natürlichen Klängen des Flügels. Diese Konzentration, die einher geht mit einem entschlossenen Verzicht auf elektronische Sounds, schafft eine besondere Intimität, passend zu Folks nachdenklichen Texten. Das Ergebnis ist eine Sammlung zeitloser Songs von großer Intensität. Anspieltipps: „Antidote“ und „Queen Of Darkness“. (Cover Susanne Folk © Gabriella Fallana)