Woche 22/2022
Toi Et Moi
L’Univers Parallèle (GMO / Alive)
Das Kölner Duo Toi Et Moi versteht es Nähe herzustellen. „Du und ich“ bedeutet Dialog, Intensität und auch Intimität. Julia Klomfass und Raphael Hansen sind Meister der Balance, wunderbar vielseitig, mit Julias großer Instrumentenkiste und viel Freude und Neugier an spontanen Ausflügen in andere Tempi und Genres.
Diese Ausflüge präsentieren sie nun auf „L’Univers Parallèle“ ihrem mittlerweile fünften Album (VÖ 20.05.22). „Wir haben uns diesmal bewusst keine Grenzen gesetzt und darauf geachtet, dass wir alle Instrumente und Klänge, die der jeweilige Song braucht, auch suchen und einspielen“, erklärt Raphael Hansen, der die meisten der Chansons sowie sämtliche Gitarren-Spielarten beigesteuert hat. Die Multiinstrumentalistin Julia Klomfass, auch als Theater und Hörspiel Komponistin erfolgreich, liebt es, für jede Geschichte die passende Klanglandschaft zu entwerfen.
Zusammengehalten wird der Ritt durch Raum und Zeit der frankophonen Popmusik durch zwei wunderbar harmonierende Stimmen, die sich im Duett immer wieder neu positionieren und in unterschiedlichste Rollen schlüpfen. Aufgenommen wurde auf der halben Welt: dabei sind die Trompete von Jenny Ball (Jenny and the Mexicats, Perkussion von Andreas Süsterhenn, (Schweiz), Kontrabass von Madelana Graca (Lissabon), Julias Aufnahmen aus Ulm, sowie Raphaels Gitarren und Bodo von Zitzewitzs Schlagzeug aus Köln.
Das Auftakt-Stück des Albums fällt mit der Tür ins Haus, bzw. mit seiner 90er-Jahre Wave-Gitarre und Synthie-Sounds raus aus dem bisherigen Toi Et Moi-Klangkosmos. Das Lied handelt von einer Affäre auf Distanz, einer Liebe, die im Paralleluniversum verbleibt. „Der Sound dieses Songs ist kühler, die Themen werden teils direkter erzählt“, beschreibt Raphael die Gegensätze zu bisherigen Toi Et Moi-Kompositionen. Was aber auch dazu führt, dass die sanften, romantisch anmutenden Momente des Albums umso mehr Kraft entfalten können.
Das zweite Stück „Un Elephant“ ist ein bewusst schlicht gehaltenes, verträumtes Liebeslied mit Folk-Gitarren und melancholischen Streichern, dem man gern noch etwas nachträumen würde, aber da kommt schon eine selbstbewusste Mariachi-Trompete um die Ecke: „Vas-y Sophie“ lädt fröhlich zum Tanzen ein und ist ein Stück Global Pop, diese erste Single-Auskopplung 2021 schaffte es auf auf Platz 1 der French-Pop-Charts in Mexiko.
Die Melodie von „Dirige en Avant“ entstand im wahrsten Sinne des Wortes im Schlaf: dokumentiert auf einem Aufnahmegerät sang Julia sie tief schlummernd ein und wurde dadurch zu folgendem Appell inspiriert: „Und plötzlich summst du, wenn du schläfst, eine unbeschwerte Melodie. Du verstehst, dass du dein Leben tanzen kannst. Es liegt immer an dir, dich zu ändern.“ Das böse Erwachen in Form städtischen Alltags eines jungen Vaters folgt allerdings auf dem Fuße, oder besser gesagt, auf dem Rade.
„Le Matin en Vélo“ handelt von Raphaels morgendlichem Fahrradritt durch den Kölner Autoverkehr. Was wäre da passender als ein Blues mit Zwischensprints und Gypsy-Gitarrensolo, bald auch als Video-Doku-Clip zu bewundern. Zur Entspannung folgt mit „Petite Liberté“ ein filigranes Ukulelen-Instrumental und „L’Océan“ macht anhand von „Ozean, Regenbogen, Delphinen, Meerjungfrau …“ mit lockerem Groove und Augenzwinkern einfach nur gute Laune. Da feiern auch Julias singende Säge und Raphaels Karnevals-Trompete gerne mit.
Mit „L’Univers Parallèle“ ist dem Kölner Duo ein wunderbar leichtfüßig daherkommendes Album gelungen, auch in seinen melancholischen Momenten den Hörern ein Lächeln ins Gesicht zaubernd. Anspieltipps: „Le Matin en Vélo“ und „La Barbe De Capucin“. (Photo © ub-comm)