Woche 23/2022

Wawau Adler

I Play With You (GLM)

Er richtet sich damit natürlich an seine geschätzten Fans und Hörer, wenn der große Gypsy-Swing-Gitarrist Wawau Adler sein neues Album „I Play With You“ nennt. Er könnte damit aber auch ganz konkret sein Instrument meinen. Wechselt er doch spielerisch zwischen der Selmer Nr. 828, einer klassischen Gitarre aus den 40ern, über moderne Typen bis zur elektrischen Gitarre.
Schließlich könnte der Titel aber auch auf das Repertoire beziehen, mit dem hier gespielt wird: Nachdem Adler bei seinen früheren Einspielungen vorwiegend Standards interpretiert hat – sein letztes, vor zwei Jahren erschienenes Album „Happy Birthday Django 110“ war ja seinem und dem großen Vorbild aller Gypsy-Jazzgitarristen Django Reinhardt gewidmet – und jeweils nur wenige Eigenkompositionen einstreute, ist es jetzt erstmals genau umgekehrt.
Mit seinen eigenen Songs kann man bei „I Play With You“ jetzt also den ganzen Wawau Adler kennenlernen. Den, der nie seinen Manouche-Wurzeln verleugnet, aber seinen eigenen Stil daraus abgeleitet und ihn wie wenige seiner Generation seit jeher auf den ganzen Jazz übertragen hat. War doch Biréli Lagrène für den 1967 in Karlsruhe geborenen Josef „Wawau“ Adler mit zwölf Jahren der erste prägende Einfluss. Jener Gitarrist also, der vielen gerade deshalb als legitimster Nachfolger Django Reinhardts gilt, weil er den Urvater des Hot Jazz und Gypsy Swing nie einfach nachspielte, sondern auf seine Art weiterentwickelte und auf die modernen Jazzstile übertrug. Und Adler tat und tut es ihm gleich.
Schon auf Adlers erstem Album „With Body And Soul“ von 1991 kann man hören, wie er sich Bebop und Fusion zugewandt hat. Zwar ging es in den Zweitausenderjahren „Back to the Roots“ (wie zwei seiner CDs aus dieser Zeit heißen), doch immer behielt er seine Offenheit, die es jetzt auf „I Play With You“ in einer Bandbreite zu genießen gibt wie selten zuvor, und das eben vorwiegend bei eigenen Stücken.
Ob Eigenes oder Adaptionen, Adler vertraut bei „I Play With You“ wieder Begleitern mit internationalem Format. Die Basis bilden langjährige Weggefährten und Freunde: An der Rhythmusgitarre sitzt wie so oft der Franzose Hono Winterstein, einer der besten seines Fachs. Seit ebenso vielen Jahren hält der deutsch-schweizer Bassist Joel Locher Adler die Treue. Er darf heute zu den seltenen Tiefton-Spezialisten im Gypsy Swing gerechnet werden, obwohl er vom klassischen Jazz kommt.
Bei „Happy Birthday Django 110“ erstmals an Bord und auf „I Play with You“ nun in tragender Rolle dabei ist Alexandre Cavaliere, ein „Protégé des späten Didier Lockwood und belgischer Wundergeiger“, wie Adler bewundernd erzählt. Schließlich lud Adler auch noch seinen taiwanesisch-kanadischen Freund, den Gitarristen Denis Chang ein, der sich zum Zeitpunkt der Aufnahmen glücklicherweise in Europa befand.
Alte und neue Freunde – sie alle helfen maßgeblich dabei, dass man auf „I Play With You“ den ganzen Wawau Adler entdecken darf. Den Gitarristen, der mit einer eigenen Handschrift die Tradition des Manouche Swing mit der Musik der Gegenwart verbindet. Der den Gypsy Jazz für das 21. Jahrhundert spielt. Anspieltipps: „For Leo“ und „La Belle Vie“. (Photo © uk-promotion)